Kaifeck hinter Gröbern 5.4.22
Betreff: Mord an der Bauernfamilie
Gabriel hinter Kaifeck bei Gröbern
Vorgerufen wurde der Lorenz S c h l i t t e n b a u e r
Bauer und Ortsführer in Gröbern Hs. Nr. 20 und erklärt:
Ich bin Ortsführer in Gröbern Gem. Wangen u. bin mit den Eheleuten Gruber sowie mit deren Tochter der verw. Viktoria Gabriel geb. Gruber gut be(kannt?) gewesen. Letztere hat ein ausserehel. Kind 2 Jahre alt zu dem ich mich als Vater bekannt habe. Der Ehemann der Gabriel ist im Feldzuge u. zwar im Jahre 15. gefallen.
Am Samstag den 1.4.22 um die Mittagszeit kam in mein Anwesen in Gröbern ein Kaffeehändler bei dem meine Frau Kaffee bestellte.
Der Name ist mir nicht bekannt , auch nicht der Name der Firma welche den Kaffee lieferte. Der Kaffee soll in 12 Tagen eintreffen. Der Kaffeehändler hat sich meiner Familie gegenüber geäusssert dass in dem Anwesen von Gabriel niemand angetroffen werden konnte.
Am Dienstag den 4.4.22 etwa um 3 Uhr herum kam an mein Anwesen der Monteur Hofner u. sagte zu meiner Tochter Viktoria Schlittenbauer, man möge der Familie Gabriel mitteilen, dass er den Motor jetzt hergerichtet habe.
Er habe dabei erzählt dass er in dem Anwesen Niemand angetroffen habe u. alles abgesperrt sei.
Dies alles erfuhr ich bei der Vesperzeit. Gleichzeitig wurde mir auch gesagt, dass ein Kaffeehändler dagewesen sei, der sich ebenfalls geäussert hat, dass in dem Anwesen Gabriel niemand zu sehen sei.
Mir ist die Sache verdächtig vorgekommen u. habe mir gedacht, da muss nachgehen(gesehen?) werden. Ich habe dann meine 2 Söhne Johann Schlittenbauer 16 Jahre alt u. Josef Dick 9 Jahre alt beauftragt, sich zu Gabriel zu begeben u. an den Fenstern zu klopfen u. den Fenstern in den Zimmern hineinzusehen, ob niemand im hause sei. Ausserdem sagte ich ihnen, wenn sie von der Familie Gabriel jemanden sehen, der Motor sei jetzt hergerichtet.
Kurz darauf kamen meine beiden Söhne wieder zurück und gaben an, dass sie Niemand angetroffen haben, dass sie etwas winseln hörten u. das Vieh im Stalle schreie.
Ich habe daraufhin meine beiden Nachbarn Michael Pöll und Jakob Siegl veranlasst mit mir in die Behausung der Gabriel zu gehen.
Es war dies am Dienstag, den 4.4.22 um 5 Uhr nachm. herum. Wir fanden sämtliche Türen , mit Ausnahme der zum Maschinenhaus führenden Türe verschlossen.
Vom Maschinenhaus aus führt ein Scheunentor in die Tenne. Dieses Tor war verschlossen u. zwar von innen aus in der Weise, dass in der Innenseite des tores eine Stange von Tor zu Balken fest angebracht war.
Ich habe dann angeordnet das Tor aufzureissen, was uns auch gelungen ist. In der Mitte der Tenne stand eine Häckselmaschine mit Handbetrieb. Die von der Tenne aus links in die Stallung führende Türe war offen u. schaute aus derselben ein junges Rind.
Ich ging voran gegen die Stalltüre. Vor dieser war Heu gelagert. Ich trat auf dasselbe u. stolperte dabei gegen die Türe.
Das Rind ist unterdessen in den Stallgang zurückgegangen, weil es von der Kette los war.
Mein Stolpern beachtete ich nicht weiter . Dagegen rief der hinter mir gehende Pöll :“ Das ist ja ein Fuß“ Ich erwiderte darauf : „ Das wäre ja noch schöner.“ Ich wendete mich schnell um und griff nach dem Fusse, zog ihn zurück u. erkannte dabei, das dies der Andreas Gruber sei.
Ich schaute den Platz näher an u. bemerkte dabei, dass noch mehr Personen auf dem Boden liegen. Ich bemerkte dann den andern Begleiter ob denn diese Personen schon tot sind u. zog
2 davon, nämlich den Gruber und die Cäzilie Gabriel aus dem heu hervor. Letztere legte ich ca. 1 ½ m weiter nach links gegen die Maschine hin. Ich hatte dabei geglaubt, dass der
2½ Jahre alte Josef Gabriel , mein Sohn, auch dabei sein könnte u. vielleicht noch zu retten wäre. Nachdem ich gesehen habe, dass sie kein Lebenszeichen gegeben haben, liess ich die anderen Personen liegen u. ging durch den Stallgang in die Wohnung um mich nach meinem Sohn umzusehen.
Im Stallgang musste ich dem Rind ausweichen u. stieg desh. In den Barren. Dort sah ich einen Kreuzpickel am Barren an der Wand lehnend . Ich ging dann in die Küche , von dort aus in die Schlafkammer. Dort fand ich meinen Sohn mit zerschmetterten Kopf im Kinderwagen liegend vor. Ich habe dann die in den Hofraum führende Türe geöffnet u. meine Wegbegleiter, die mir von der Tenne aus nicht mehr gefolgt sind, hereingelassen.
Ich habe mich dann in das von der Küche aus gelegene Stübchen begeben. Dort lag das Bett auf dem Boden. Ich hab das Bett empor u. sah unter diesem eine weibliche Leiche liegen, die mir unbekannt war.
Neben dieser Leiche lag ein bepackter Rucksack. Ich glaubte es sei eine Hamsterin aus Augsburg oder sonst wo her.
Wir gingen nun alle 3 aus dem Hause. Während Pöll u. Siegl nach Gröbern zurückgingen, blieb ich in der Nähe des Hauses Gabriel zurück. Gleichzeitig gab ich meinem anwesenden Sohn Johann den Auftrag mit seinem Rade zu dem Bürgermeister nach Wangen zu fahren u. diesen von dem Morde in Kenntnis zu setzen.
Unterdessen kamen mehrere Bewohner aus der Ortschaft Gröbern zum Anwesen Gabriel.
Den Bauernsohn Alois Schwaiger in Gröbern gab ich den Auftrag nach Waidhofen zu gehen u. dort zu veranlassen, dass die Angehörigen der Ermordeten telefonisch von den Vorkommnissen in Kenntnis gesetzt werden. Dies war abends um 6 Uhr. Mittlerweile sammelten sich mehrere Personen aus der Umgebung an.
Zutritt in die Wohnräume u. des ganzen Hauses habe ich niemandem gestattet. Ich habe mich dann um des Viehs angenommen und dieses gefüttert. Nach Ankunft der Gendarmerie u. des Bürgermeisters Greger von Wangen habe ich mich um nichts mehr gekümmert.
Bemerken möchte ich noch, dass mir der verlebte Gruber am Donnerstag den 30.März 22 vorm. gegen 11 Uhr auf dem Felde zugerufen hat, dass er vergangene Nacht von Einbrechern heimgesucht worden sei.
Er habe die Spuren im Neuschnee bemerkt u. verfolgt, habe aber dabei keine Spur, die von Haus weggeführt hätte, gefunden; dagegen habe er (bemerkt?) an der Türe des Motorhauses der Verschluss aufgerissen sei. Die Einbrecher ( ) wären auch im Motorhaus gewesen, hätten aber nichts mitgenommen.
Ferner sagte Gruber, dass an der Türe zur Futterkammer Eindrücke von Dreschwerkzeugen ersichtlich sind.
Soviel wir gekannt, war die Familie Gabriel gut situiert. Ich rechne dass sie etwa 100.000 M Bargeld besassen. Auch Hartgeld dürfte noch in ihrem Besitz gewesen sein. Ferner haben sie auch Pfandbriefe von verschiedenen Banken im Besitz. Der Hinterlegungsort des Geldes u. der Wertpapiere ist mir nicht bekannt.
Einen Verdacht auf eine bestimmte Person, der als Täter in Frage kommen könnte, kann ich nicht aussprechen. Daß die Familie Gabriel Feinde hatte kann ich ebenfalls nicht sagen. Die Leute waren sparsam und fleißig. Ich kann nicht angeben, ob die Familie spezielle Freunde u. Bekannte hatte u.öfter Besuche erhielt. Ich kann auch nicht angeben, ob jemals jemand über die Verhältnisse der Verlebten bekannt waren. Sie lebten zurückgezogen u. verschlossen. Ich kann nicht angeben, dass die Familie in letzter Zeit grössere Einnahmen gemacht hätten.
Wie mir mein Sohn Josef Dick sagte ist die Cäzilie Gabriel seit Samstag den 1.4.22 nicht mehr in der Schule Waidhofen gekommen.
Ich nehme daher an, daß der Mord in der Nacht zum 1.4.22 verübt worden ist. Ich schliesse dies daraus, wie der Andreas Gruber nur mit Unterhose u. Hemd u. die Cäzilie Gabriel im Hemd war, ferner die 3 Frauen noch angekleidet waren.
Zum Schluße bemerke ich noch, dass ich das Heu, wie es auf den Leichen gebreitet war , liegen gelassen habe, ausser was während der Zeit das losgelassene Stück Rind , weggefressen hat.
V.g.u.
II. Person:
Erscheint Michael P ö l l, verh. Gütler , 57 Jahre alt von Gröbern
u. erklärt zur Sache:
Am Dienstag den 4.4.22 nachm. gegen 5 Uhr kam der Bauer Lorenz Schlittenbauer zu mir in meine Behausung, daß bei Gabriel sich nichts mehr rühre. Er ersuchte mich dann mit auf ihm zu Gabriel zu gehen. Auch Jakob Siegl schloß sich uns an. Dabei bemerkte ich, daß mir schon am 1. und am 3.4.22 im Hause von Gabriel die ausserordentliche Stille aufgefallen ist, insbes. hat sich der dortige Hund nicht mehr gerührt.
An den beiden gen. Tagen war ich auf dem Felde in der Nähe von Gabriel beschäftigt.
Im Hause des Gabriel angekommen , fanden wir alle Türen verschlossen vor, nur das zum Maschinenhaus führende Tor war unversperrt.
Vom Maschinenhaus aus , sprengten wir das Scheunentor auf u. gingen wir alle 3 in die Scheune hinein. Durch die geöffnete Stalltüre schaute ein losgelaßenes Rind heraus. Schlittenbauer ging voraus u. zwar auf die Stalltüre zu. Ich sah ihn dabei etwas Stoppern. Ich folget ihm unmittelbar u. suchte mit meinen Füssen am Boden, weil es schon etwas finster war. Ich stoss dabei an etwas an u. sagte dann zu den beiden Begleitern:“ da liegt schon was“
Schlittenbauer ging dann etwas zurück u. hob glaublich zuerst ein Brett auf u. griff dann an einen frei sichtbaren Fuß. Er zog diesen weiter hervor u. erkannten wir in der Person den Andreas Gruber. Wir haben dann noch 3 weitere Personen unter dem Heu liegen gesehen. Das Mädchen lag an der Wand neben der Stalltüre. Er nahm es u. legte es etwas rückwärts gegen die Häckselmaschine in der Scheune. Ich und Siegl gingen dann sofort aus der Scheune heraus. Schlittenbauer ging dann aber durch den Stallgang in die Wohnräume u. hat uns dann die an der Ostseite des Hauses gelegene Türe geöffnet. Wir gingen dann auch ins Haus bezw. Schlafzimmer u. fanden dort den 2 jährigen Knaben im Kinderwagen erschlagen, vor.
Wir gingen dann in die Küche u. von da aus in das anstoßende Stübchen, dort sah ich ein Bett am Boden liegen u. unter dem selben 2 Schuhe hervorschauen. Schlittenbauer hat dann das Bett weggeschoben u. nun bemerkten wir eine fremde Frauensperson erschlagen tot am Boden liegen.
Der Hund der Familie Gabriel war im Stalle eingesperrt. Es ist dieser ein guter u. wachsamer Hund. Es ist mir nicht bekannt, dass er bestimmte Personen nicht gemeldet hätte. Es ist mir nicht bekannt, dass die Familie Gabriel mit irgend Personen speziell vertraut gewesen wäre.
Die Familie Gruber galten allgemein als fleißige , sparsame Leute, die sehr zurückgezogen lebten, , in eine Wirtschaft kamen sie nie.
Es ist mir auch nicht bekannt, dass sie in letzter Zeit größere Einnahme gehabt hätten. Ob sie irgendwelche Personen hatten, welche feindlich ihnen gesinnt waren, ist mir ebenfalls unbekannt.
Allgemein im Orte ist bekannt, dass Gruber mit seiner nunmehr ermordeten Viktoria Gabriel in geschlechtlicher Beziehung stand.
Soviel ich weiß, hatte Schlittenbauer beabsichtigt, die Viktoria G. zu heiraten, noch dazu er der Vater des außerehel. Knaben Josef war.
Die Ehe wurde aber durch den alten Gruber, den Vater der Viktoria Gabriel verhindert. Daß sie sich in letzter Zeit feindlich gesinnt waren ist mir nicht bekannt.
Es ist mir auch bekannt, dass die Familie Gabriel vermögend war, wie weit aber nicht.
Einen Verdacht gegen eine bestimmte Person kann ich nicht angeben u. vermag auch in dieser Richtung keinerlei Angaben zu machen.
V.g.u.
3.Person:
Erscheint der Gütler Jakob S i g l, 30 Jahre alt, wohnhaft in Gröbern Hs. No.27 u. erklärt zur Sache wie folgt:
Am Dienstag den 4.4.22 nachm. gegen 5 Uhr kam in mein Haus der Schlittenbauer u. sagte zu mir, beim Gabriel müsse etwas los sein, entweder haben sie sich aufgehängt oder es sei etwas anderes los.
Ferner erwähnte er noch, dass der Monteur der den Motor bei Gabriel herrichtete auch niemand treffen noch hören konnte. Auf Grund dessen ersuchte mich nun Schlittenbauer , mit ihm und dem Pöll mit in das Haus zu Gabriel zu gehen. Gegen 5 Uhr nachm. kamen wir dann am Hause an, fanden alle Türen mit Ausnahme der zum Maschinenhaus führenden, verschlossen vor. Wir begaben uns dann in das Maschinenhaus und sprengten dort gewaltsam das Scheunentor auf.
Beim Eintritt in die Scheune bemerkte Schlittenbauer als Erster durch die geöffnete Stalltüre ein losgelassenes Rind. Schlittenbauer ging voraus, ich folgte ihm und Pöll wiederum hinter mir.
Schlittenbauer stieg über ein Brett zur Stalltür. Ich folgte ihm unmittelbar nach u. stieß mit einem Fuße an etwas an. Ich glaubte es war ein Fuß von einem am Boden liegenden Kalbe.
Daraufhin erklärte Pöll:“ Da habts ihn schon, das ist der Gruber.“ Auf dieses hin ging Schlittenbauer wieder zurück, packte den Fuß an u. zog ihn hervor.
Schlittenbauer nahm das Brett, welches über die am Boden liegenden Leichen gebreitet und mit Heu zugedeckt war, weg u. gewahrten aus, dass 4 Leichen am Boden lagen.
Schlittenbauer sagte dann:“ Wo wird denn dann nur mein Buberl sein“
Ich und Pöll verliessen die Scheune hierauf, während Schlittenbauer sich durch den Stall in das Innere des Hauses begab. Er öffnete uns dann die östliche Eingangstüre zum Hause. Hierauf begaben wir uns in das Schlafzimmer, wo wir die Wahrnehmung machten, dass auch der 2 ½ jährige Josef Gabriel in seinem Kinderwagen erschlagen gelegen war.
Vom Schlafzimmer gingen wir dann in die Küche, wo ich sofort am boden ein Bett liegen sah, aus welchem 2 Schuhe hervorschauten.
Dies teilte ich sogleich auch dem Schlittenbauer als auch dem Pöll mit. Schlittenbauer zog hierauf das Bett weg, dabei gewahrten wir eine weibliche Leiche; Schlittenbauer sagte sofort: „Das ist eine Fremde“ Ich u. der Pöll entfernten uns nun aus dem Haus, während Schlittenbauer so viel ich weiß zurück blieb und das Vieh fütterte.
Später kamen dann mehrere Leute der ganzen Umgegend an das Haus von Gabriel. Ich kümmerte mich nichts weiteres mehr.
Soviel ich weiß , wollte Schlittenbauer die Viktoria Gabriel heiraten, u. zwar zu der Zeit, als er der Vater des ausserehel. Kindes Josef vor zwei Jahren wurde. Die Ehe verhinderte, wie mir Schlittenbauer selbst einmal erzählte, der alte Gruber Andreas. Dieser soll sich geäussert haben, wenn die Heirat zwischen seiner Tochter u. dem Schlittenbauer zu Stande komme, verlasse er das Haus. Die letzte Zeit war Gruber mit Schlittenbauer nicht mehr in Feindschaft.
Ob Schlittenbauer das haus der Gabriel in der letzten Zeit besuchte, kann ich nicht sagen.
Die ganze Familie Gabriel waren sehr sparsame Leute und arbeitsam. Ich glaube auch, dass sie ziemlich vermögend waren. Ob Goldgeld oder Pfandbriefe im Besitze der Familie Gabriel waren weiß ich nicht.
Bemerken möchte ich, dass im Hause des Gabriel ein sehr wachsamer Hund war, diesen sperrten sie aber jeden Abend in den Stall ein, was auch am 4.4.22 beim Eindringen ins Scheunentor durch uns noch der Fall war. Einen bestimmten Verdacht auf den Täter kann ich nicht machen, jedoch hörte ich von einem gewissen Schretzenstaller Josef ca.20 Jahre alt, in Gröbern wohnhaft, dass Gabriel auf Lichtmeß das der 2.2 ist einen Knecht in Dienst genommen habe. Wie lange er bedienstet war kann ich nicht sagen, ich selber habe diesen überhaupt nie gesehen. Der Gabriel solle zu dem Schretzenstaller einmal gesagt haben, wenn ich sage wo ich her bin, dann lacht ihr mich aus.
Sonst vermag ich zu der Sachen nichts angeben.
V.g.u.
Quellenhinweis:
Die eingestellten Akten werden im Staatsarchiv München unter der Archivsignatur
PolDir 8091B
verwahrt.
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