Vernehmung Lorenz Schlittenbauer aus dem Jahr 1931


Vernehmung des Lorenz Schlittenbauer aus dem Jahre 1931


München, den 30. März 1931 
 
 
Betreff: Sechsfacher Mord in Hinterkaifeck 
 
 
 
Bei der Polizeidirektion München findet sich um  10 Uhr auf Vorladung ein, der verh. Landwirt 
 
Schlittenbauer Lorenz 
 
Geb. 16.8.1874 in Gröbern, Gde. Wangen und dort wohnhaft, und macht auf Befragen folgende Angaben: 
 
Ich lebe seit meiner Geburt in Gröbern und war auch die größte Zeit meines Lebens dort. Lediglich vom 14. Lebensjahr ab bin nach der Militärzeit war ich an anderen Orten. Ich hatte 11 Geschwister, von denen aber heute nur noch 5 am Leben sind. Ich muß mich berichtigen. Es leben noch 6 Geschwister. 
 
Das elterlich Anwesen habe ich im Jahre 1899 übernommen und meine Eltern haben von diesem Zeitpunkt ab bei mir im Austrag gelebt, aber nicht immer, sie haben zwar von mir den Austrag gehabt, aber es hat nicht immer gut getan und da sind sie auch zeitweilig wo anders gewesen. Mein Vater hat nämlich sein ganzes Geld immer versoffen und da konnte ich ihm gar nicht genug geben und deshalb ist er fortgegangen. Mein Vater ist schon vor dem Kriege gestorben, den genauen Zeitpunkt weiß ich nicht mehr und meine Mutter im Jahre 1918. 
 
Meine erste Ehe habe ich bei der Übernahme des elterlichen Anwesens im Jahre 1899 geschlossen. Meine damalige Frau hieß Viktoria Tyroller und stammte aus dem Weißkopfanwesen in Ried Gde. Mühlried BA. Schrobenhausen. Sie ist im Oktober 1918 gestorben. Sie hinterließ mir einen Buben und 3 Mädchen. 
 
In den ersten Jahren meiner Ehe lebten in meinem Hausstand noch 3 Geschwister von mir, die mir auch in der Landwirtschaft halben. Ausserdem lebten in meinem Hausstand die Eltern meiner ersten Frau, der Vater ist bereits im Jahre 1906 verstorben, die Mutter ist heute noch bei mir und ich muß immer noch für sie sorgen, obwohl sie vollständig mittellos ist und mich auch nichts angeht. Sie ist schon 84 Jahre alt. 
 
Von meinen Geschwistern hat beim Tod meiner ersten Frau niemand mehr bei mir gelebt. Ich hab sie ausheiraten müssen und die meisten sind eigentlich ins Kloster gegangen. 
 
Im Jahre 1921 lernte ich meine zweite Frau kennen. Sie stammt von Dippoltshofen und heiß Anna D i c k. Sie war zu diesem Zeitpunkt in Brunnen bei ihrer Schwester in Dienst. Ich habe sie nur 3 Wochen vor der Ehe näher gekannt. Vom Sehen kannte ich sie schon früher, ich habe mich aber dann, als ich wieder mir ihr zusammentraf, rasch zur Heirat entschlossen, weil ich in meinem Haushalte eine Frau benötigte. Sie war auch gleich mit der Heirat einverstanden. Vor meiner Verehelichung mit ihr hatte sie mit dem Gütler Wenzeslaus F e s t l  in Oberbernbach ein Verhältnis, dem 4 uneheliche Kinder entsprangen. Hievon ist nur mehr ein Knabe am Leben gewesen, den sie 
mit in die Ehe gebracht hat. Derselbe hat Josef D i c k geheißen und hat jetzt meinen Namen bekommen; er lebt noch in meinem Haushalt. Meine Frau hat 8.000 Mk. In die Ehe mitgebracht, das war aber damals nicht mehr viel Geld, weil schon Inflation war, ich hätte mir dafür keine Kuh mehr kaufen können. Ich war um diese Zeit wirtschaftlich recht gut gestellt, weil ich immer gespart und das Geld zusammen gehalten habe. Wie ich das zweitemal geheiratet habe, im Jahre 1921, war das Anwesen schuldenfrei und zudem in den vorangegangen Jahren nahezu vollständig neu gebaut worden. Zudem hatte ich damals für 14.000 Mk. Pfandbriefe. Im Jahre 1921 hat auch meine älteste Tochter Magdalena geheiratet und ich habe ihr 20.000 Mk. Mitgegeben. Dieses Geld habe ich aus der Landwirtschaft erarbeitet. Es war damals schon nicht mehr so viel wert. Ich selbst habe damals kein Geld gebraucht und habe deshalb die 8.000 Mk., die meine Frau als Heiratsgut mitbrachte, auf meine 4 Kinder verteilt. 
 
Die Familie G r u b e r  von Hinterkaifeck kannte ich seit meiner Geburt. Das Anwesen in Hinterkaifeck gehörte ursprünglich dem Josef Ostermeier und nach dessen Tode heiratete dessen Witwe Cäzilie Ostermeier den Andreas Gruber. Aus der ersten Ehe der Frau Gruber mit Josef Ostermeier waren 2 Kinder da und zwar 1 Knabe und 1 Mädchen. Der Sohn ist im Kriege gefallen und die Tochter ist heute noch verheiratet in der Nähe von Scheyern. Die Eheleute Gruber hatten mehrere Kinder, von denen aber nur 1 Tochter, die Viktoria am Leben geblieben ist. Die Kinder sind wohl alle gestorben, weil sie keine Pflege hatten und auch nicht genügend ernährt wurden. Ich selbst und auch mein Vater hatten öfters im Sinn, die Eheleute Gruber wegen Kindsmißhandlung anzuzeigen. 
Wir haben es nämlich öfters erlebt, dass die kleinen Kinder tagelang im Keller bleiben mußten und wenn man vorbeiging, hörte man die Kinder im Keller weinen. Ich sags ganz offen, die Leute waren nicht gut, da hat der Herrgott schon die rechte Hand am rechten Platz gehabt. Die Viktoria Gruber, die später den Karl Gabriel geheiratet hat, war 13 Jahre jünger als ich. Ich habe sie natürlich auch schon seit ihrer Kinderzeit gekannt, aber in nähere Beziehungen bin ich erst mit ihr getreten, wie sie bereits Witwe war. Etwa im Jahre 1913 hat sie den Bauerssohn Gabriel geheiratet. Er wurde von den alten Grubers schlecht behandelt. Der alte Gruber hatte das Heft in der Hand und ließ es sich auch nicht nehmen, nachdem er übergeben hatte. Gabriel hat selbst mir gegenüber öfters geklagt, dass es ihm schlecht gehe und dass die Alten so geizig seien, dass es nicht einmal mittags etwas zur Essen gäbe. 
Man hat auch davon gesprochen, dass die Ehe wieder geschieden werden sollte. Dazu ist es aber nicht mehr gekommen, weil der Krieg ausgebrochen und Karl Gabriel dann bald gefallen ist. Ich weiß noch, dass die alte Frau Gruber, als die Todesanzeige vom Mann der Tochter kam, gesagt hat, jetzt ist die Ehescheidung schon da. 

Es war ja auch allgemein bekannt, dass der alte Gruber mit seiner Tochter im Geschlechtsverkehr stand. Die alte Gruberin hat es ja zwar nicht erzählt, aber ihre Tochter, die Viktoria Gabriel. Diese war damals ca. 16 Jahre alt. Sie hat meiner ersten Frau erzählt, dass sie sich vor ihrem Vater nicht mehr halten könne, weil er immer Geschlechtsverkehr haben wolle. Nachdem der Karl Gabriel gefallen war, ist dann auch, wenn ich mich recht erinnere, ein Strafverfahren eingeleitet worden und der alte Gruber und seine Tochter wurden wegen Blutschande verurteilt. 

Die Viktoria Gabriel war überhaupt für den Geschlechtsverkehr leicht zu haben. Schon bald nach dem Tode ihres Mannes habe ich einmal mit ihr zusammen einen Schrank transportiert. Wir fuhren mitsammen mit meinem Fuhrwerk und da hat sie sich mir direkt angeboten. Sie sagte: „Du könntest mich jetzt leicht anpacken". Ich ging aber darauf nicht ein, denn ich war damals noch verheiratet. 

Nach dem Tode meiner Frau  (15.10.1918) kam eines Tages die Viktoria Gabriel zu mir in den Heustadel, passte mich dort ab und machte mir den Vorschlag, ich solle sie heiraten. Meine Frau war damals etwa 14 Tage tot. Ich sagte nicht „nein", weil ich mir dachte, ich brauche für mein Anwesen doch wieder eine Frau. Sie bot sich mir auch gleich zum Geschlechtsverkehr an, ohne dass ich einen diesbezüglichen Wunsch geäussert hatte. Indem sie mich packte, warf sie sich auf Heu und so habe ich damals zum erstenmale mit ihr verkehrt. In der darauffolgenden Zeit kam das noch einigemale vor, einmal beim Gänseabstechen sagte sie auch zur mir: „Geh heiraten wir" und nahm mich dabei mit in die Remise, wo sie mich zum Geschlechtsverkehr aufforderte. Mir ist so etwas bis dahin noch nie vorgekommen, dass ein Weib sich selbst so anbietet. Insgesamt werde ich mit ihr höchstens 5 
mal Verkehr gehabt haben. 
 
Sie machte mir dann einmal den Vorschlag, ich solle mit ihrem Vater wegen dem Heiraten sprechen. Wann das war, weiß ich nicht mehr genau, ich weiß nur, dass sich hintennach herausgestellt hat, dass sie damals bereits in der Hoffnung war. Mir hat sie aber davon nichts gesagt. Ich nahm wirklich an, ich könnte sie heiraten und so ging ich einmal zum alten Gruber und machte ihm den Vorschlag, dass ich seine Tochter heiraten werde. Es war schon damit einverstanden, ebenso wie seine Tochter. Ich sagte ihm dann noch, dass ich natürlich eine Bedingung mache und das sei, dass er den Geschlechtsverkehr mit seiner Tochter aufhören müsse. Er solle sich bekehren von seinen Sünden und seine Tochter werde ich dann schon auf die rechten Wege führen. Ich sagte ihm auch, dass ich ein guter Christ sei und solche Sachen nicht leiden könne. Er sagte darauf: „Wir werden dann schon sehen". Wie ich dann kurz darauf seine Tochter wieder traf, sagte mir dieselbe, dass sie in der Hoffnung sei. Sie sagte auch, dass ich der Vater sei. Ich protestierte dagegen und sagte ihr: „Da ist doch dein Vater auch dabei". Sie erwiderte darauf: „Das ist eben das bessere, dass ich sagen kann, Vater Du bist auch dabei, sonst täte er mich erschlagen". Sie sagte mir auch, dass es dem Vater nicht mehr recht sei mit der Heirat, aber den Vater müsse ich doch machen. Ich kam darauf auch noch 
mit dem alten Gruber zu sprechen als ich von der Wiese heimging und da fragte ich ihn, ob das sein Ernst sei, dass ich den Vater machen müsse. Er blieb darauf bestehen und fing gleich mit „Himmel Herrgott" an und als ich ihm sagte, dass ich ihn anzeige, erwiderte er, das sei ihm gleich. Er rannte mir dann mit der Sense nach und ich lief davon. Ich ging aber dann noch ins Haus zu seiner Frau und seiner Tochter, während dem er noch auf der Wiese war, und fragte sie, ob das wirklich so sei.. Die beiden Frauen blieben darauf bestehen, dass ich den Vater machen müsse, erklärten mir auch, dass ich zahlen müsse. Ursprünglich hatte mir die Viktoria Gabriel, als sie mir mitgeteilt hat, dass sie in der Hoffnung sei, gesagt dass ich nichts zahlen brauche, sondern nur den Vater machen solle.

Weil er aber dann so grob war und ausserdem Geld verlangte, erklärte ich, ich mache den Vater nicht und ich zeige ihn dann auch wegen Blutschande an. Das Verfahren wurde eingeleitet und inzwischen kam dann auch das Kind zur Welt. Am dritten Tag nach der Geburt kam dann die Viktoria Gabriel zu mir, bot mir an, sie zahle das ganze Geld, was die Vaterschaft ausmacht, wenn ich die Vaterschaft übernehme. Da sie auch dazu setzte, dass wir trotzdem noch heiraten könnten, war ich schließlich damit einverstanden. Sie brachte mir dann auch gleich 2000 M., damit ich dann bei der Vormundschaft die Abfindung bezahlen konnte.



Frage: Haben sie niemals mehr bekommen als 2000 M.?

Antwort: Nein, nur 2000 M,  und sie sagte damals noch, wenn es nicht lange, so zahle sie noch drauf.



Frage: Haben sie auch später nicht mehr Geld bekommen?

Antwort: Nein, niemals, ich habe nur 2000 M. bekommen. Die Abfindung, die ich zu zahlen hatte, hat 1800 M. ausgemacht und die restlichen 200 M. habe ich dann nach einigen Monaten der Gabriel wieder zurückgegeben, weil ich kein Geld haben wollte.



Frage: Sie haben früher angegeben, daß Sie 5000 M. von Gruber bekommen haben.

Antwort: Nein, halt, jetzt fällts mir ein, ich habe 2000  M. in Bargeld bekommen und außerdem 3000 M. Bayer. Hypotheken- und Wechselbank-Pfandbriefe, damit ich Geld habe, wenn Auslagen kämen.Diese 3 Pfandbriefe habe ich der Gabriel auch nach einigen Monaten wieder retour gegeben.



Frage: Sind diese Pfandbriefe von Ihnen zurückgefordert worden?

Antwort: Nein, freiwillig. Ich habe diese Pfandbriefe nicht gewollt.



Frage: Sie haben seinerzeit bei der ersten Einvernahme wegen der Blutschande dem Gruber wieder geholfen. Wie verhielt sich das?

Antwort: Da will ich Ihnen schon die Wahrheit sagen: Da ist damals, wie der alte Gruber eingesperrt war, einige Wochen nach der Geburt des Kindes, die Viktoria Gabriel zu mir gekommen und hat furchtbar geweint und mich gebeten, ich solle doch dem Vater wieder heraus helfen und deshalb habe ich mich auch erweichen lassen und habe meine Angaben widerrufen.



Frage: Haben Sie damals das Geld vom Gruber noch im Besitz gehabt?

Antwort: Ich weiß nicht, es ist schon möglich.Bei der richterlichen Einvernahme habe ich dann, wie ich vereidigt werden sollte, wieder richtige Angaben gemacht und erklärt, dass mein Widerruf falsch war. Ich habe also für die Vaterschaftsanerkennung keinen Pfennig aus eigener Tasche bezahlt und die Viktoria Gabriel hat mir damals sogar eine Bestätigung gegeben, in der sie die Erklärung abgab, dass ich für die Vaterschaftsanerkennung keinen Pfennig zu zahlen hatte. Diesen Zettel habe ich noch aufgehoben bis er im Jahre 1926 beim Brand meines Hauses mit verbrannt ist. Ich habe aber auch für die Vaterschaftsanerkennung nichts erhalten und auch niemals etwas gefordert.

 
 
Frage: Die Viktoria Gabriel hat seinerzeit verschiedenen Leuten gegenüber geklagt, dass Schlittenbauer fortgesetzt Geld erpresse. 

Antwort: Das kann kein Mensch sagen, diese Zeugen sollen aufstehen. Ich erkläre nochmals, dass ich niemals einen Pfennig gefordert habe.



Frage: Wo haben Sie sich denn da zu den jeweiligen Aussprachen mit der Gabriel getroffen?

Antwort: Bei mir. Sie kam immer zu mir herunter. Das erste Mal kam sie bei der Nacht, damit sie niemand sehen konnte, die weiteren Male beim Tag.



Frage:  Sind Sie nochmals in das Anwesen in Hinterkaifeck gekommen?

Antwort: Nein, das letzte Mal war ich droben, wie mir der Alte mit der Sense nachgelaufen ist. Einmal war ich auch noch droben, wie wir die Dampfmaschine hinauf gebracht haben.



Frage: Nach dem Mord haben Si sich sofort erkundigt, ob Sie Ihre Abfindungssumme wieder herausbekommen können, die sie für das Kind bezahlt haben. Wie kommen Sie dazu nachdem sie doch nichts aus eigener Tasche bezahlt hatten?

Antwort: Ich glaube das nicht, denn ich habe ja niemals etwas bezahlt und kann ja auch nichts fordern. Ich kann mich jedenfalls gar nicht erinnern und kann mir gar nicht denken, wie ich dazu gekommen bin.



Frage: Haben Sie eigentlich selbst das Empfinden, dass Sie der Vater des Kindes von Viktoria Gabriel sind?

Antwort: Das weiß ich nicht, das kann ich nicht sagen. 



Frage: Wie hat denn der Kleine geheissen?

Antwort: Josef



Frage: Sie haben später immer nur von Ihrem Hanserl gesprochen?

Antwort: Das glaube ich nicht, ich hab immer „Mein Buberl“ gesagt.



Frage: Haben Sie das Kind öfters besucht?

Antwort: Besucht nicht, aber zuweilen getroffen. Ich habe auch mit dem Kind zuweilen gesprochen, wenn ich auf den Aeckern gearbeitet habe und das Kind zu mir herlief. Auch mit dem alten Gruber hab ich später wieder gesprochen. Wir sind wieder gut geworden, als sie das Geld wieder hatten.



Frage: Sie haben doch solange im Streit gelebt, bis das Geld wieder zurückgegeben war?

Antwort: Wir waren höchstens 8 Tage im Streit und sind rasch wieder gut miteinander geworden.



Frage: Die Leute haben aber behauptet, dass die alte Frau Gruber und Viktoria Gabriel nie mehr mit Schlittenbauer gut geworden sind?

Antwort: Ich kann weiteres nicht sagen, ich habe keine Feindschaft geführt.



Frage: Herr Schlittenbauer, sind Sie vernünftig und sagen Sie die Wahrheit, Sie haben sich doch wegen der Vaterschaftssache furchtbar geärgert?

Antwort: Freilich habe ich mich grün und blau geärgert über die Vaterschaftssache, mein Bub hat mir Vorwürfe gemacht…….

(Schlittenbauer besinnt sich, dann erklärt er  : )
Es ist nicht richtig, dass ich mich geärgert habe, ich hab mich mein Lebtag noch nicht geärgert, dass ich auf jemand einen Haß gehabt hätte. Die ganze Gemeinde bezeichnet mich als guten Mann.



Frage: Erzählen Sie uns einmal wie der Mord aufgedeckt wurde?

Schlittenbauer erzählt nun Einzelheiten über die seinerzeitige Auffindung der Leichen u.s.w. Seine Angaben decken sich vollkommen mit sinn seinerzeitigen Angaben, weshalb von der nochmaligen Niederschrift abgesehen wurde.



Frage: Haben Sie sich denn nicht gefürchtet, als Sie allein vom Stall in das Innere des Hauses vorgedrungen sind?

Antwort: Ich war so aufgeregt, dass ich gar nichts mehr gedacht habe., denn ich nahm an, dass mein Bub am Verhungern sin müsse. Wenn es auch nicht sicher mein eigenes Kind gewesen wäre, so hatte ich doch Mitleid mit dem Kind und wollte sofort nach demselben sehen. In der Aufregung, in der ich mich befand, hätt ichs mit jedem aufgenommen, der sich mir in den Weg gestellt hätte.

 

Frage: Sie haben erklärt, sie hätten die vordere Haustüre dann von innen geöffnet und zwar mit dem Schlüssel, der innen gesteckt habe. Wie erklären Sie sich das, nachdem der alte
Gruber erzählt hatte, dass ihm der Haustürschlüssel weggekommen sei und dass er nun nur noch mit dem Riegel absperren könne? 

Antwort: Das ist mir selbst ein Rätsel, denn ich weiß bestimmt, dass nur ein Schlüssel da war.  



Frage: Wie stellen Sie sich dann vor, wie die Täter aus dem Hause gekommen sind, wenn der Schlüssel innen gesteckt hat?  

Antwort: Im Wagenhaus ist ein Seil von oben herunter gehängt und ich glaube, dass die Mörder oben im Heuboden hin zur Wagenremise gegangen sind, man konnte nämlich oben durchgehen, und sich dann an diesem Seil heruntergelassen haben.  



Frage: Ist Ihnen an der Leiche der alten Frau Gruber und der Viktoria Gabriel etwas aufgefallen, haben Sie Würgespuren gesehen?

Antwort: Nein, so genau habe ich sie nicht angesehen.



Frage: Sie haben angegeben, dass sie ein oder zwei Tage vor dem Mord zusammen mit dem alten Gruber im Neuschnee die Fußspuren von zwei Menschen gesehen haben, die in die Futterkammer beim Motorenhaus geführt haben, aber nicht mehr heraus. Ein anderer zeug hat angegeben, der Vater Gruber habe ihm erzählt, dass er schon mehrmals bei seinem Anwesen die Fußtritte einer Mannsperson gesehen habe?

Antwort: Davon weiß ich nichts. Ich habe jedenfalls die Fußspuren von zwei Personen gesehen.



Frage: Sie haben später mit S i e g l mehrere Prozesse geführt, wie war denn die Sache?

Antwort: Siegl hat mich als Kaifecker Mörder bezeichnet und ich habe ihn wegen Beleidigung verklagt, worauf er zu einer Geldstraf von 40 Mk. verurteilt wurde. Er hat damals auch meinen Sohn Johann Schlittenbauer zu beeinflussen versucht, dass derselbe gegen mich aussagen soll.
Ich habe daraufhin dem Siegl vorgeworfen, dass er meinen Sohn zum Meineid angestiftet habe. Dafür wurde ich dann dreimal gestraft. Ich hätte es ihm ja beweisen können, dass er wirklich meinen Sohn angestiftet hat, aber dann hat er mir wieder leid getan und da habe ich lieber di Strafe auf mich genommen.
Der Gemeindeschreiber D e r s c h hat mich auch öffentlich in den Wirtschaften als Hinterkaifecker Mörder bezeichnet, aber verklagt habe ich ihn nicht, denn was habe ich davon, doch nur Kosten und ich habe mir immer wieder gedacht, man muss das Unrecht geduldig erleiden.



Frage: Sie haben ja dem Dersch sogar Geräuchertes gebracht und ihn ersucht, er solle doch die Behauptungen nicht mehr aussprechen?

Antwort: Das ist erlogen. Ich habe mich damals furchtbar gekränkt, dass er mich so verleumdet hat, noch dazu vor allen Leuten in der Wirtschaft, aber nachgelaufen bin ich ihm nicht.



Frage: Es ist auch erzählt worden, dass Sie zur Tatzeit nachts nicht zu Hause waren, sondern angeblich im Heu geschlafen haben?

Antwort: Wie nur die Leute so etwas sagen mögen, davon mag ich gar nichts hören. Es ist ja nicht wahr, ich bin bei meiner Frau gewesen.



Frage: Sie sind noch gesehen worden, wie das Haus in Hinterkaifeck schon lange abgebrochen war, dass Sie im Schutt gegraben haben oder vielmehr gesucht haben.

Antwort: Jawohl das ist richtig, ich habe mein Schneidrad gesucht, das ich dem alten Gruber geliehen hatte.



Frage: Der Lehrer Yblagger hat Sie auch einmal an der Stell getroffen, wo das Haus gestanden ist und damals haben Sie ihm erzählt, dass die Täter angeblich ein Loch gegraben haben?

Antwort: Jawohl das ist richtig. Das war auch der Fall. Ich habe nämlich an dem Tag, nachdem die Kommission da war im Stadelviertel in der Nähe des Auffindungsplatzes der Leichen eine Stelle gefunden, wo etwa ein schaufelstichtiefes Loch gegraben war. Die Aufgrabung war ganz frisch und mit Stroh zugedeckt. Ich glaube auch heute noch, dass die Täter damals die Leichen vergraben wollten, der Boden war aber wohl zu fest.



Frage: In der Wirtschaft sollen Sie sich ja selbst einmal als Täter bezeichnet haben?

Antwort: Ja aber nur im Spaß. Ich habe mir einmal in der Wirtschaft die Hosen zerrissen und bin dann zur Nachbarin gegangen und habe sie flicken lassen. Darauf hab ich gesagt, so jetzt hast Du dem Hinterkaifecker Mörder die Hosen geflickt. Das habe ich deshalb gesagt, weil damals der Dersch mich gerade als Hinterkaifecker Mörder ausgeschrien hatte.

Weitere Angaben kann ich nicht mehr machen, ich habe jetzt gesagt, was ich weiß. 



V.g.u.u.

Gez. Lorenz Schlittenbaur

Gez. Riedmayr, Krim.Insp. 
 

Anschließend an die Einvernahme wurde Schlittenbauer noch auf die an  einzelnen Punkten zu Tage getretene Unklarheit seiner Aussagen hingewiesen. Er brachte jedoch seine Antworten in einer Weise vor, dass berechtigte Zweifel an seiner Täterschaft entstehen mussten.  Widerholt beteuerte er unter Tränen seine Unschuld, erklärte, dass er sehr wohl wisse, dass er in der dortigen Gegend als Täter angesehen wird und betonte, dass dies in erster Linie auf sein tatkräftiges Eingreifen als Ortsführer und auf seine Hilfsbereitschaft zurückzuführen sei. Er habe sich eben aus menschlichen Gründen um alles angenommen, habe sich aber nun nach den gemachten Erfahrungen zum Vorsatz gemacht, nie mehr in so selbstloser Weis einzugreifen.

Anhaltspunkte für ein weiteres Vorgehen sind nicht mehr vorhanden.

Gez. Riedmayr,

Krim. Insp. 
 

Quellenhinweis:
Die eingestellten Akten werden im Staatsarchiv München unter der Archivsignatur
PolDir 8091B
verwahrt.




Zurück zur Übersicht


Home 

Die Fahndungsplakate von 1922 
 
Zu den Fahndungsplakaten
Die Berichte der Münchner Polizeidirektion   
 
Zu den Polizeiberichten
Der Artikel von H. Lautenbacher  
 
Zum Artikel von Hans Lauterbacher
Die historischen Akten  
 
Zu den historischen Akten
Eine Aussage von Pfarrer Haas  
 
Zur Aussage von Pfarrer Haas
 
Heute waren schon 18 Besucher (79 Hits) hier!
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden